Donnerstag, 29. Oktober 2015

Plötzlich Familie - Stiefmütter sind doch nicht böse!

















Bei Disney oder Grimm ist das Stereotyp der Stiefmutter immer gleich. Fies und gemein wie sie ist, behandelt die Stiefmutter das Stiefkind grundsätzlich schlechter als die eigenen, trennt es vom Vater, so noch vorhanden. Die Message - wenn du eine Stiefmutter bekommst, wird alles nach der Trennung der Eltern ( oder dem Tod der Mutter), noch schlimmer. Ein Gefühl von Einsamkeit macht sich breit, hoffnungslos und buchstäblich verlassen ist das arme Kind. Woher kommt dieses Stereotyp? Fußt es auf der Annahme, dass nur eine leibliche Mutter ein Kind lieben und versorgen kann oder darf, der Angst der leiblichen Mutter verlassen zu werden, Eifersucht auf eine neue Partnerin? 'Die kann mich nie ersetzen'!? 
Die Wirklichkeit sieht längst anders aus. Es gibt Familien mit adoptierten Kindern, Kinder die bei den Großeltern leben, alleinerziehende Mütter und Väter, Familien mit 2 Müttern und oder 2 Vätern, Patchwork Großfamilien die sich abwechseln... Ich bezweifle dass Kinder dieser Familienmodelle weniger geliebt oder versorgt werden. Meine Familienkonstellation ist vielleicht nicht die Allerüblichste. Die Kinder leben bei dem Vater und wir vier sind vor ein paar Monaten zusammen gezogen, ein kompletter Neuanfang. Es gibt nicht mehr die Altlasten des Hauses, das gemeinsam gebaut und mit Erinnerungen gefüllt ist. Dort hätte ich mich nur schwer zu Hause gefühlt, mehr wie ein Gast der die Familienidylle stört. 
Plötzlich Familie. Alles ist neu und abenteuerlich, vor allem für mich, aber es fühlt sich auch merkwürdig vertraut an.
Nun habe ich 2 Grundschulkinder. Ich weiß nicht wie das andere Bonusmamas machen ( es interessiert mich brennend! ), aber ich fühle mich wie eine Mama, die den Luxus hatte, die beiden kleinen Menschen vorher etwas kennenzulernen.
Wir haben das recht behutsam gemacht. Regelmäßige Besuche, wir unternahmen gemeinsam Ausflüge und organisierten sogar zusammen den Kindergeburtstag der Herzenstochter. Dem Erlebnis widme ich aber noch mal einen Extra-Post!
Ich habe das Gefühl ich bin eine Pionierin und erforsche neues Gebiet. 
Entdeckerinnen und Pionierinnen- legendäre Frauen und ihre Geschichten.


























Mir fehlen momentan ein paar 'Anschauungs-Subjekte' und Vergleichsmöglichkeiten. Aus welchem kollektivem Gedächnis soll ich schöpfen? In der Literatur und den Medien kommt dieses Familienmodell so gut wie nicht vor. Also habe ich nur eines, meinen gesunden Menschenverstand und meine Mutter. Meine Schwester ist eigentlich meine Halbschwester. Zufällig genau in dem Alter in dem auch die Herzenskinder sind, wurden mein Vater, meine Schwester und meine Mutter zu einer Familie. Bald darauf kam ich. History repeating?

Zurück zum Alltag, der für mich noch gar nicht so alltäglich ist. Alle leiblichen Muttis schmunzeln vielleicht überlegen (dazu schreibe ich demnächst mal mehr), aber es ist schon eine Umstellung auf einmal zwei große Kinder von 6 und 7 Jahren, richtige Menschen mit Charakter, in ihrem Alltag mit Schule, Freunde und dem Papa zu begleiten. 
Ich hatte nicht Jahre Zeit, mich an ihre Eigenheiten zu gewöhnen, sie weder gewickelt noch gestillt. Sie sind jetzt da und das mit voller Wucht- Bumm! 

[Spoiler: Aber ich finds toll.] Ob die Euphorie nach einer Weile abebbt weiß ich nicht. Die Sorge von Freundinnen 'geht das nicht zu schnell?' 'Dann habt ihr ja keine Zeit mehr für euch.', hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Ok, ich kann nicht mehr am Wochenende bis 11 oder 12 ( ungestört) im Bett liegen, morgens ist es bereits vor dem ersten Kaffee schon ziemlich turbulent und höllisch-scharfes Curry kochen fällt auch erst mal weg. (Obwohl indische Kinder von klein auf daran gewöhnt werden, also vielleicht geht das noch nachträglich? *hoffnungsvoll*) Wenn ich nach Hause komme schmeiße ich mich nur noch selten auf die Couch und mache ein Nickerchen und wenn die Bude unordentlich ist, stört es mich mehr als sonst, denn ich will doch das die zwei in einer ordentlichen Umgebung aufwachsen, Vorbildfunktion for the way! Das alles ist anders, aber dadurch nicht schlechter, ich sage nur KUSCHELN. Es ist so unglaublich schön, wenn zwei kleine Kinder dir einfach so Vertrauen und sich beim Film gucken wie selbstverständlich an dich ankuscheln. In diesem Moment ist es ziemlich egal ob ich sie geboren habe oder nicht, sie gehören jetzt zur mir.

Wie sind eure Erfahrungen mit dem bösen Stiefmutter Stereotyp und wie fühlte sich das Kennenlernen der Kinder an?  Ich freue mich von anderen Pionierinnen zu hören! Schreibt mir auf twitter @Ni_Naseweis #PlötzlichFamilie

2 Kommentare:

  1. Als ich es mit Patchworking versuchte, standen für mich auch die Fragen: Wie ist das andere Kind? Werde ich es mögen? Wird es mich mögen? Schaffe ich es beiden gegenüber gerecht zu sein und niemanden zu bevorzugen oder zu benachteiligen? Machte mir schlaflose Nächte.
    Rein kopfmäßig war mir klar, dass es nur natürlich ist, das fremde Kind instinktiv abzulehnen. Die Biologie warnt die fremde Mutter vor der anderen Mutter. Dennoch betrachte ich mich als hoch entwickelt und damit in der Lage meinen Instinkt an die realen Gegebenheiten anzupassen. Ich muss nicht das fremde Kind ruinieren, um das Vorankommen meines eigenen Nachwuchses zu sichern. Dafür bin ich mit mir selbst zu klar und auch in der Lage, uns über Wasser zu halten. (Den Märchenstiefmüttern stand die Option größtenteils nicht zur Verfügung.... Witwe mit Kind oder Alleinerziehend war im dunklen Zeitalter oft ein Todesurteil ).
    Dann lernte ich das Kind kennen... und stellte fest: ein Kind mit 6 ist leider oder Dankbarerweise ein Abbild des Erziehungsstils der Eltern. Die Kleine mochte mich sofort. Ich mochte sie trotz ihrer aufdringlich, invasiven Art. Nach und nach versuchte ich mit Papa zu reden, doch es fehlte sowohl an Einfühlungsvermögen fürs eigne Kind, für mein Kind und für meine Bedenken und Anregungen.
    Es war nicht möglich sich auf einem gemeinsamen Nenner zu treffen, da ich nicht bereit war von meinem hohen Anspruch an Erziehung und Achtung von Bedürfnissen runter zu kommen.
    Ich denke, fühle, wenn Mann/Frau auch nur genug Empathie und soziale Intelligenz besitzt, dass sie die Bedürfnisse des anderen erkennt und achtet, dürfte es kein Problem werden, Mitglied einer Familie zu werden.... ach ja Geduld sollte auch vorhanden sein und Humor. ��

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  2. Moin,
    auf http://www.stiefmama.de kannst du lesen, wie es anderen Stiefmüttern geht, wie sie denken, wie sie fühlen. Freu mich, wenn wir dort bald auch deine Geschichte lesen können!
    Liebe Grüße aus Hamburg nach Berlin!
    :)

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