Samstag, 1. Juni 2013

Die infantile Frau- Ein Erlebnisbericht

Ich bin Mitte Dreißig, gut ausgebildet und nicht auf den Mund gefallen. Trotzdem gehört zu meinen fast täglich erlebten Ärgernissen das Syndrom- die infantile Frau. Die Kundenklientel die mich umgibt ist häufig 60+. Dort finden sich laut meiner Erfahrung viele Altvorderen die Frauen entweder als Sekretärin oder als Hausfrau kennen. Die Hausfrau hat keine Ahnung und die Sekretärin ist infantil, irgendwie [sic]. Da ich arbeite, muss ich zu letzteren gehören. Schönes Beispiel dafür, das Kundentelefonat vom letzten Freitag.

Kunde: "Haben Sie einen Fachberater der mich zum Thema xy beraten kann?"
Ich: " Ich berate Sie gern. Welche Fragen haben Sie?"
*kurze Pause*
Kunde: "Können Sie mir eine Preisauskunft geben?"
Ich: " Ja. Um welches Prod..."
Kunde unterbricht mich: "Das ist ja lieb!" *euphorisch*
Ich stutze und mache weiter mit dem Gespräch...

Danach frage ich mich, ob der Kunde gegenüber meinem männlichen Kollegen ähnlich reagiert hätte. "Das ist ja lieb??" Das ist nicht lieb, das ist mein Job. Mit Freundlichkeit hat das nichts zu tun. Das errinnert mich an das sprechende-Hund-Syndrom was Hillary Clinton in ihrer Biografie treffend beschrieben hat. 

“It was another example of a phenomenon I call "the talking dog syndrome." Some people are still amazed that any woman (this includes Governors' wives, corporate CEOs, sports stars and rock singers) can hold her own under pressure and be articulate and knowledgeable.                      The dog can talk!” Hillary Clinton

Ich nenne es die infantile Frau. Handelt eine Frau einigermaßen rational/klug/einfallsreich bekommt sie übermäßigen Applaus bzw. erntet 'wohlwollendes' Erstaunen. Nicht weil die Leistung übermäßig war, sondern weil mann es der Frau generell nicht zutraut so zu handeln. Die Sache mit dem falschem Lob ist diese. Klugheit, Durchsetzungsvermögen und Führungskompetenz ( um nur wenige zu nennen ) werden unabdingbar mit einer männlichen Person verknüpft. Wer bereits an einem Führungskräfteseminar teilgenommen hat, weiß wovon ich rede. 

"Ich bekomme eine Preisauskunft von einer FRAU? Irre!"
"SIE können mir erklären wie die Technik funktioniert? Nicht doch!"
"Die Landung war aber sanft, obwohl der Pilot eine FRAU ist?"

Deswegen will ich für einfache Dinge kein übermäßiges Lob und schon gar nicht mehr als ein Mann für die gleiche Aufgabe bekommen hätte. Ich will ernst genommen werden und dazu gehört das objektiv bewertet wird. Allein die Überraschung wenn frau etwas typisch männliches gut gewuppt hat, wie ein Loch in die Wand bohren oder einen LKW gefahren, ärgert mich und setzt mich herab. Ermunterung neue Dinge auszuprobieren ist gut, falsches Lob ist schlecht. Mein Freund sagte mal, dass eine Frau für handwerkliche Tätigkeiten Applaus bekommt, während von einem Mann oder Jungen wie selbstverständlich erwartet wird, das er prima Kisten schleppen, Schrank aufbauen und Auto fahren kann. Ob er das gerne macht, spielt dabei keine Rolle. Vielleicht wollen manche Männer bei einem Umzug lieber die Schnittchen vorbereiten oder die Küche einräumen?

Als unsere Techniker bereits Feierabend hatten, rief jemand an der nicht aus der Parklücke kam, weil einer unser (kleinen) LKW's ihn behinderte. Meine Kollegin sagte zu ihm am Telefon, es ist keiner da der ihn rausfahren könnte und sie traut sich das nicht zu. Daraufhin dachte ich mir, mein Gott es ist doch nur ein Auto, wieso trauen wir Frauen* uns oft so wenig zu? 

Es ist dabei nicht ihre Schuld oder Bequemlichkeit, es wird uns einfach generell die Kompetenz in vielen Dingen abgesprochen. Frauen* werden ewig noch als Mädchen bezeichnet und in der Werbung gerne hilfsbedürftig, unschludig und infantil dargestellt und DAS hat dann Folgen für die eigene Wahrnehmung. Und was ist dann aus der Parksituation geworden? Ich habe ich mir den Autoschlüssel geschnappt und das Ding neu geparkt. Dafür möchte ich aber jetzt keinen Applaus.

Das ist übrigens die 13-jährige Roxana die ihren Girlsday bei uns absolvierte, beim hämmern und schweißen.



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